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XTRA-ARTIKEL AUSGABE 2/2019

 

Mehr Bedarf an Blutprodukten, weniger Spender und vermehrte Risiken etwa durch infizierte Spenden: Die Transfusionsmedizin bewegt sich in einem Spannungsfeld, in dem die richtige Laboranalytik Hilfe bietet.

Text: Verena Fischer

Das Europäische Patient Blood Management Netzwerk (European PBM Network) wurde bereits im Mai 2016 im Rahmen der Jahrestagung der European Society of Anaesthesiology gegründet. Neben den gesundheitlichen Risiken von Bluttransfusionen geht es vor allem darum, einer weltweiten Blutknappheit vorzubeugen. Der demografische Wandel kann Versorgungsengpässe verursachen, warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Denn von den jährlich rund 117 Millionen Blutspenden weltweit kommen 42 Prozent aus Industrieländern mit alternden Gesellschaftsstrukturen.

Während in ärmeren Ländern rund die Hälfte des Spenderbluts bei Kleinkindern zum Einsatz kommt, sind es in wohlhabenden Regionen die über 65-Jährigen, die drei Viertel aller Transfusionen erhalten. Damit wächst die Zahl der Empfänger bei gleichzeitig sinkender Spenderverfügbarkeit. Während der Sommermonate kommt es europaweit bereits jetzt oft zu Engpässen. Denn mit steigender Hitze nimmt erfahrungsgemäß die Bereitschaft ab, Blut zu spenden. Unter allen Blutprodukten sind Erythrozytenpräparate in Kliniken am meisten gefragt. Von fast ebenso großer Bedeutung ist die Versorgung mit Blutplasma, das mit einer vergleichsweise hohen Frequenz – in Europa bis zu 45 Mal pro Jahr – auch separat gespendet werden kann. Plasma kommt bei Transfusionen zum Einsatz und wird für die Produktion von lebensrettenden Arzneimitteln zur Therapie von Blutgerinnungsstörungen benötigt. Europa deckt seinen Plasma Mit einer Blutanalyse wird vor der Spende die Eignung des Blutspenders überprüft. bedarf zu großen Teilen mit US-Importen. Problematisch daran: Dort erhalten Spender teils viel Geld, was die Qualität mindern kann. Denn kommerzielles Blut enthält häufiger übertragbare Erreger, so die WHO.

Herausforderung: Globalisierung

Das Risiko einer Infektion über Blutprodukte ist momentan gering. Damit dies so bleibt, sollte zukünftig eine größere Erregeranzahl im Zuge der Spenderqualifikationlabor analytisch ausgeschlossen werden. Denn durch die Klimaerwärmung und den Trend zu Fernreisen wächst das Risiko einer transfusionsbedingten Infektion mit Tropenkrankheiten. Immer häufiger treffen Erreger und deren Überträger (exotische Mücken arten) hierzulande aufeinander. Es ist fraglich, wie lange ein Fragebogen zum Reiseverhalten als alleiniges Werkzeug zum Ausschluss solcher Infekte ausreichen wird. Laboranalysen können stattdessen die Qualität von Blutprodukten zuverlässig sichern. Die Globalisierung fordert Transfusionsmediziner in vielerlei Hinsicht heraus: Um für Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern passende Blutprodukte anbieten zu können, ist eine möglichst große Spendervielfalt essenziell. Hier kann der laboranalytische Ausschluss von Tropenerkrankungen ebenfalls helfen, eine Qualifikation von Zuwanderern kurzfristiger zu ermöglichen. Zum Beispiel mit dem Sysmex Analysesystem XN-31, das malariainfizierte rote Blutkörperchen mit einer hohen Sensitivität und Spezifität in nur einer Minute erkennt und zählt.

Patient Blood Management

Diese Entwicklungen zeigen deutlich, dass eine europaweite Einführung des Patient Blood Managements ein wichtiger Schritt ist. Das multidimensionale Konzept dient der Steigerung der Patientensicherheit durch Stärkung körpereigener Blutreserven, um so den Umgang mit Blutprodukten zu verbessern und die Transfusionsrisiken zu minimieren. Immer mehr Kliniken folgen dieser Aufforderung und setzen das Konzept um. Ziel des Netzwerks PBM ist es, Patienten optimal auf die OP vorzubereiten sowie perioperative Blutverluste zu reduzieren. Dafür wird im Vorfeld bei vor allem großen, planbaren OPs geprüft, ob eine Anämie vorliegt. Eine Blutarmut im Rahmen einer Operation stellt einen starken Risikofaktor für eine erhöhte Krankenhaussterblichkeit und weitere Komplikationen dar. Studien zeigen, dass die kurzfristige Therapie von Anämien oder Eisenmangel zum Beispiel bei Herz-OPs die Transfusionsrate senken kann. Dies bestärkt eine flächendeckende Einführung des Patient Blood Managements und belegt dessen Wirksamkeit.

Das Patient Blood Management verbessert den Umgang mit Blutprodukten und stärkt die körpereigenen Blutreserven

Im Verlauf des Krankenhausaufenthalts können Blutverluste während oder nach der Operation sowie erforderliche Blutentnahmen das Blutvolumen noch weiter belasten. Zum Ausgleich wird häufig direkt auf Fremdblutkonserven zurückgegriffen. Gerade deshalb ist es wichtig, eine eventuell vorhandene Anämie unbedingt vorher differenzialdiagnostisch abzuklären und wenn möglich bereits präoperativ zu behandeln. Neben chronischen Erkrankungen wie Entzündungen, Tumoren, Autoimmunkrankheiten oder Niereninsuffizienz ist bei etwa einem Drittel der Patienten Eisenmangel die Ursache. Die Behandlung einer Anämie bei chronischen Erkrankungen ist oft schwierig, hingegen ist die Korrektur einer Eisenmangelanämie ein relativ einfaches Vorgehen. Mit den Systemen der XN und XN-L Serie bietet Sysmex eine Möglichkeit, das Anämiemanagement schnell, kostengünstig und effektiv zu unterstützen. Hierbei können die Parameter RET-He, Hypo-He und Delta-He aus dem RET-Kanal eine Schlüsselrolle spielen, um die Eisentherapie für die Patienten optimal abzustimmen und den Erfolg zu monitoren. Als zweite Säule setzen Mediziner darauf, den Blutverlust während der OP möglichst gering zu halten. Dies kann durch inimalinvasive Methoden sowie ein optimales Gerinnungsmanagement gefördert werden. Auch eine genaue und konsequente Kontrolle der physiologischen Bedingungen (etwa Körpertemperatur, ionisiertes Kalzium, pH-Wert) hilft. Bei großen Blutverlusten (> 500 Milliliter) ist die maschinelle Autotransfusion – also das Auffangen, Reinigen und iederzuführen von Wundblut – eine wertvolle Möglichkeit, den Einsatz von Fremdblutprodukten zu minimieren. Verringerte Volumina in den Blutabnahmegefäßen sowie eine bewusste Abnahmefrequenz sind ebenfalls angezeigt. Die dritte Möglichkeit zielt auf den rationalen Einsatz von Erythrozytenkonzentraten ab. Ob eine Transfusion nötig ist, wird nicht nur aufgrund des Hämoglobin-Werts entschieden. Auch der klinische Zustand des Patienten spielt eine Rolle: individuelle Anämietoleranz und physiologische Transfusionstrigger, etwa der Abfall der zentralvenösen O2-Sättigung unter 60 Prozent. Um Patienten die möglichen Risiken zu ersparen, sollten allogene Bluttransfusionen der letzte Weg sein.

Summary:

  • Immer weniger Blutspender und immer mehr Empfänger führen zu Versorgungsengpässen
  • Gleichzeitig wachsen die Risiken, die mit Bluttransfusionen verbunden sind
  • Notwendig sind ein dezidiertes Patient Blood Management und der gezielte Einsatz von Laboranalytik

 

Bildquelle: Shutterstock

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