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Scientific Kalender Dezember 2024

Akute myeloische Leukämie (AML)

Was ist charakteristisch für Blasten im WPC-Kanal nach der Behandlung mit Reagenzien? 

Blasten haben keine hohe Permeabilität für das Lysereagenz, sodass sie niedrige Fluoreszenzsignale und hohe Zellgrößesignale zeigen.

Blasten werden in hohem Maße lysiert, was zu erhöhten Fluoreszenzsignalen und schwächeren Größesignalen führt.

Blasten schrumpfen während der Behandlung mit dem Reagenz, was sich in niedrigen Fluoreszenzsignalen und Signalen geringerer Größe niederschlägt.

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Wissenschaftliche Hintergrundinformationen

Akute myeloische Leukämie (AML)

Akute myeloische Leukämie (AML) ist die häufigste Form von akuter Leukämie im Erwachsenenalter. Sie ist durch die klonale Vermehrung myeloischer Vorläuferzellen im Knochenmark gekennzeichnet [1]. In Europa ist die Inzidenz der AML am höchsten, insbesondere im Vereinigten Königreich, wo sie sich auf 4,05 pro 100.000 Personen beläuft. Dennoch gilt AML als seltene Erkrankung und tritt vorwiegend im höheren Lebensalter auf [1]. In 97 % aller Fälle von AML entstehen genetische Veränderungen in den Stammzell-Vorläufern der myeloischen Zellreihe; die Folgen sind neoplastische Veränderungen und eine klonale Zellproliferation [2]. Diese Mutationen sind sehr heterogen und umfassen eine Vielfalt zytogenetischer und molekularer Anomalien in verschiedenen Funktionsklassen [3]. Die WHO hat als Grenzwert für die AML-Diagnose einen Anteil von mindestens 20 % myeloischer Blasten im peripheren Blut oder Knochenmark festgelegt [4]. Die Diagnosestellung und das Monitoring der AML erfordern eine breit angelegte Herangehensweise, die hämatologische und morphologische Analysen ebenso umfasst wie klinische Durchflusszytometrie und molekulare Tests.

Nachweis von Blasten mittels Sysmex WDF- und WPC-Kanal

Die klassische CBC+DIFF-Analyse auf Routinehämatologie-Analysesystemen von Sysmex liefert erste Hinweise auf das Vorliegen anomaler Zellen. Ergänzend hierzu können weitere Informationen im Kanal für Vorläufer- und pathologische Leukozyten (WPC; white precursor and pathological cells) gewonnen werden.

Die Zellmembranen der Leukozyten sind unterschiedlich zusammengesetzt, je nach Reife, Funktion und Aktivierungszustand der Zelle. Der Kanal zur Differenzierung der Leukozyten (WDF; white blood cell differential) nutzt ein einzigartiges Reagenziensystem, welches die Erkennung der Unterarten der Leukozyten anhand dieser Unterschiede in der Membranzusammensetzung und dem Zytoplasmagehalt ermöglicht. Das Lysereagenz wirkt eher behutsam; es perforiert die Zellmembranen und belässt die Strukturen im Zellinneren weitgehend intakt. So kann der Fluoreszenzmarker in die Zellen eintreten, wo er primär RNA markiert. Abhängig von den Messsignalen der Zellcluster, d.h. Fluoreszenzintensität, Vorwärts- und Seitwärtsstreulicht werden spezielle Flags ausgelöst. Hierdurch wird die Probe als negativ, reaktiv oder potenziell maligne vorklassifiziert. Basierend auf dieser Vorklassifizierung im WDF-Kanal wird die Flag „Blasts/Abn Lympho?“ (Blasten/Abnorme Lymphozyten?) oder die Kombination „Blasts/Abn Lympho?“ (Blasten/Abnorme Lymphozyten?) und „Atypical Lympho?“ (Atypische Lymphozyten?) ausgelöst, was wiederum eine automatische Reflex-Messung im WPC-Messkanal zur Folge hat (Abb. 1).

Im Vergleich zum WDF-Kanal übt das Lysereagenz im WPC-Kanal eine stärkere Wirkung auf die Membranlipide aus, was zu einer höheren Permeabilität der Zellmembranen führt. Da zudem die Polymethinkonzentration des Fluoreszenzreagenz im WPC-Kanal höher ist als im WDF-Kanal, wird DNA im Zellkern markiert anstelle von RNA im Zytoplasma. Die besonderen Merkmale der unterschiedlichen Leukozyten lassen sich zur Unterscheidung von Subpopulationen nutzen, z. B. zwischen anomalen Lymphozyten und Blasten (Abb. 2).

AML ist durch das Vorliegen von Blasten der myeloischen Zellreihe gekennzeichnet. Blasten haben einen geringen Lipidgehalt und sind dadurch beständiger gegenüber der Zelllyse selbst durch das starke WPC-Lysereagenz. Die Zellpermeabilität ist verringert, und das führt zu einem niedrigeren Fluoreszenzsignal in Verbindung mit einem hohen Signal für die Zellgröße, da die Zellen weitgehend intakt bleiben. Diese Eigenschaften ermöglichen die zuverlässige Identifizierung von Blasten im WPC-Kanal.

Proben, die in der WDF-Messung eine Flag auslösen, werden einer Reflexanalyse unterzogen, und die Anomalie wird entweder durch eine spezifischere Flag weitergehend klassifiziert (z. B. „Blasts“ (Blasten) oder „Abn Lympho?“ (Abnorme Lymphozyten?)), oder die Flag wird vollständig verworfen.

Proben, bei denen der Verdacht auf eine hämatologische Malignität wie z. B. AML besteht, werden einer weiterführenden spezialisierten Analyse unterzogen. Anhand ihrer spezifischen Marker auf der Zelloberfläche und im Zellinneren werden verdächtige Zellen mittels durchflusszytometrischer Immunphänotypisierung genauer charakterisiert. Im Molekularlabor lassen sich mit zytogenetischen Verfahren wie Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) oder Next-Generation Sequencing (NGS) spezifische Mutationen feststellen.

Durch Einbeziehung dieser Disziplinen können Kliniker Daten aus unterschiedlichen Untersuchungen zusammenführen, sich so ein umfassendes Bild von der Situation des Patienten machen und eine individuelle, zielgerichtete und wirkungsvolle Behandlungsstrategie ausarbeiten.

Fallergebnisse

Eine 70-jährige Patientin unterzog sich mehreren Zyklen Chemotherapie und Bestrahlung wegen eines nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms. Als Unwohlsein und deutlich verminderte körperliche Belastbarkeit auftraten, stellte sie sich in einer ambulanten Klinik vor. Blutuntersuchungen auf einem Analysesystem der XR-Serie ergaben zunächst Anämie, Thrombozytopenie und leichte Leukozytose (Abb. 3).

Im WDF-Kanal wurde die Flag „IG Present“ (IG vorhanden) ausgelöst. Die Zahl unreifer Granulozyten (IG; immature granulocytes) umfasst Promyelozyten, Myelozyten und Metamyelozyten und ist besonders relevant bei Patienten, die wegen einer Immunsuppression, zum Beispiel infolge einer Chemotherapie, einem erhöhten Infektionsrisiko unterliegen. Das Vorliegen unreifer Granulozyten ist ein Indikator für die Schwere der frühen Reaktion des angeborenen Immunsystems.

Außerdem löste das Analysesystem die Flag „Blasts?“ (Blasten?) im WPC-Kanal aus, und das dazugehörige Scattergramm zeigt ein vermehrtes Vorkommen von Zellen im Blastenbereich (Abb. 4). Dieser Befund deutet auf das Vorliegen einer akuten malignen Erkrankung hin, wie zum Beispiel myeloische oder lymphatische Leukämie.

Abb. 4 Im WPC-Scattergramm des Analysesystems ist das Vorliegen von Blasten zu erkennen.
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Daraufhin wurden Ausstriche mikroskopiert, um die Zellmorphologie und -zahlen zu untersuchen; dies ergab einen Blastenanteil von 75 %. Eine nachfolgende Immunphänotypisierung im klinischen Durchflusszytometrielabor bestätigte den Verdacht auf AML.

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